Öffentlicher Freizeitverkehr in Niederösterreich – ein Stiefkind

Die Idee zum Verein “Bahn zum Berg” entstand 2015 in Wien. Heute zählen wir etwa 90 Tourenreporter:innen und fast 200 weitere Vereinsmitglieder und decken mit der Suchmaschine “Zuugle” fast den ganzen Alpenraum ab.

Öffi-Verbesserungsinitiativen

In Niederösterreich sind bereits viele Bergregionen öffentlich erreichbar und das freut uns. Es gibt aber noch einige Defizite und Lücken. Deshalb ist die Weiterentwicklung des öffentlichen Freizeitverkehrs ein besonderes Anliegen von „Bahn zum Berg“. Dazu haben wir mit verschiedenen Mitteln versucht, den Verantwortlichen Verbesserungen vorzuschlagen. Neben direkter Kommunikation wurden Petitionen gestartet und Events durchgeführt. Bis jetzt wurden unsere Anregungen bedauernswerterweise meist nicht umgesetzt oder gar nicht beachtet.

Stiefkind Freizeitverkehr

Das politische Interesse am öffentlichen Freizeitverkehr im Land Niederösterreich ist unserer Erfahrung nach leider gering. Auch bei großer Nachfrage und Auslastung werden Taktungen nicht erhöht und teilweise sogar verringert. Der strukturelle und rechtliche Rahmen für den öffentlichen Verkehr in Niederösterreich mag kompliziert sein, aber das Streichen von Busverbindungen zu Zeiten, in denen man von einer Verkehrswende spricht, schafft nicht gerade Vertrauen in das postulierte Vorhaben. Mancherorts wird als Alternative auf verschiedene regionale Anbieter für Bedarfsverkehr verwiesen (Anrufsammeltaxis o.ä.). Diese Möglichkeiten funktionieren aber erstens nicht immer und sind zweitens in einigen Fällen unattraktiv. Auf einige Beispiele möchten wir hier eingehen:

Rax

Die von April bis Oktober fahrenden Busse von Payerbach-Reichenau auf das Preiner Gscheid sind laufend ausgelastet und sehr beliebt. Deshalb haben wir 2024 mit der Unterstützung zahlreicher Organisationen und alpiner Vereine eine Petition dafür gestartet, den Bus auch im Winter auf das Preiner Gscheid fahren zu lassen. Leider wurde nicht nur unser Anliegen abgeblockt, sondern währenddessen auch die Taktung im Sommer ausgedünnt und die letzte Verbindung kurz nach 18 Uhr gestrichen. Man war sich „über die Finanzierung nicht einig“. Stattdessen wird der RUFbus Semmering-Rax beworben. Dieser ist für Einheimische und Tagesgäste relativ teuer und stellt dadurch keine überzeugende Alternative dar: Vom Bahnhof Payerbach-Reichenau kostet eine Fahrt für eine Person zum Preiner Gscheid 21€ und nach Hinternaßwald 39€. In Hinternaßwald wurde die einzige Abendverbindung am Wochenende bereits mit dem Fahrplanwechsel Ende 2022 eingestellt. Rundwanderungen, wie z.B. auf den Großen Sonnleitstein, sind damit überhaupt nicht mehr möglich, Überschreitungen nur mehr mit Start in Hinternaßwald.

Mariensee – Wechselregion

Mit dem Fahrplanwechsel für das Jahr 2025 wurde der Wochenendverkehr des Busses 372 von Aspang nach Mariensee eingestellt. Das ist doppelt schade, denn damit ist nicht nur der Hochwechsel am Wochenende nur mehr sehr schlecht erreichbar, sondern auch die Erwähnung der Tour in bereits gedruckten Büchern hinfällig, weil die meisten Leute ja vor allem am Wochenende Zeit zum Wandern haben. Sowohl in Peter Backés Neuauflage von „Wandern mit Öffis-Wiener Hausberge“ (2024), als auch in „öffi-Touren Wien und Niederösterreich“ (2025) von Bahn-zum-Berg und POW AT wurde eine Hochwechsel-Tour von/nach Mariensee empfohlen.

Ysperklamm

Im Jahr 2022 haben wir mit Sarah Pallauf als Initiatorin eine Petition dafür gestartet, dass auch am Wochenende ein Bus in das idyllische Yspertal im Waldviertel fährt. Im Yspertal befindet sich die reizvolle Ysperklamm, welche unter anderem durch die ORF-Sendung „9 Plätze 9 Schätze“ im Jahr 2017 an Bekanntheit gewonnen hat. Über 1.500 Menschen haben für die öffentliche Erreichbarkeit der Region am Wochenende unterschrieben. Die Petition wurde Ende 2022 an Vertreter:innen der niederösterreichischen Landesregierung aus den Abteilungen Mobilität und Tourismus übergeben. Dabei fand ein ernsthafter Austausch statt und die Argumente wurden interessiert angehört. Das Ergebnis ist aber ernüchternd: In nächster Zeit (bis 2029) wird es keinen Wochenendbus ins Yspertal geben…

Man kann nur hoffen, dass die Mobilitätswende in Niederösterreich in Zukunft auch im öffentlichen Freizeitverkehr in die Gänge kommt. Wir werden uns weiterhin dafür einsetzen!

simon widy
Simon Widy

Simon Widy kommt ursprünglich aus Niederösterreich, wohnt derzeit in Innsbruck und ist begeisterter Bergsportler. Für die Anreise zum Berg wählt er oft öffentliche Verkehrsmittel, da er gerne Touren geht, deren Ziel vom Ausgangspunkt abweicht.