Bahn zum Berg, Müll ins Tal

Wir bekommen immer wieder verschiedenste Zuschriften und Anfragen. Manchmal von aufgeregten Personen, die sich über einen Umstand beschweren. Gestern Abend ist diese Mail, mit dem Betreff „Bahn zum Berg, Müll ins Tal“ eingetroffen:

Sehr geehrte Damen und Herren.

Ich und meine Ehefrau besitzen das Österreich-Klimaticket und benutzen auch des öfteren (sic) die Bahn.

Aber was hilft es mir zu wissen, von Wien in 1,5h nach Mariensee zu kommen, wenn ich von Leobersdorf bis zum Biotop Mariensee mit dem Auto 45 Minuten fahre?

Wenn ich mit dem Bus fahre, muß ich den letzten Bus um 16:03 vom Almbauer erreichen. Das hätten wir heute nicht geschafft.

Mit freundlichen Grüßen,
Hans Huber (Name geändert)

Die E-Mail beginnt mit einem Betreff, dem ich inhaltlich voll zustimmen kann. Ich finde „Bahn zum Berg“ gut, ich finde „Müll ins Tal“ gut, konnte aber mit dem Begriff „Müll“ im Zusammenhang mit dem Mailinhalt nichts anfangen.

Es hat ein bisschen gedauert, bis ich verstanden habe, dass die Nachricht eigentlich eine Beschwerde darüber ist, dass die Buszeiten die Freizeitmobilität nicht gut genug unterstützen und dass „Müll ins Tal“ eine Persiflage auf „Bahn zum Berg“ sein soll.

Warum schreibe ich dann einen Blogbeitrag darüber? Ich kann die Kritik an den niederösterreichischen Fahrplänen gut nachvollziehen, die unter der Woche so gar nicht auf Freizeitverkehr ausgelegt sind. Die Antwort ist: Weil ich es amüsant finde, dass sich Herr Huber (Name geändert), die Antwort schon mitgeliefert hat: Die steckt nämlich in seinem Betreff.

Seit 1980 hat sich in unseren Bergen etwas deutlich verbessert. Früher war es ganz normal, dass am Gipfel Müll gelegen ist. Dass Leute ihre Jause ausgepackt haben und das Staniolpapier am Gipfel, als Kugel, weggeworfen haben. Das hat sich glücklicherweise zum Besseren gewandt. Das Bewusstsein, dass man seinen Müll wieder mit ins Tal nimmt, ist weit verbreitet. Auch wenn mir ab und zu noch immer Müll auf einer Wanderung begegnet, kann ich doch sagen, dass sich das massiv verbessert hat.

Wenn man damals jemanden darauf angesprochen hat, dass er/sie seinen Müll selbst wieder mit ins Tal nehmen soll, dann war ein Argument oft, dass das eh nichts bringt. Weil ja alle anderen ihren Müll auch einfach so wegschmeißen. Dass es ein Mehraufwand ist, habe ich zwar noch nie als Argument gehört, finde es persönlich aber zutreffend: Das schmutzige, feuchte Papier, Staniol, etc. zurück in meinen Rucksack zu packen und dort drinnen dann vielleicht mein Wechselgewand schmutzig zu machen, ist mir auch heute oft nicht so angenehm. Trotzdem tun das heute im Normalfall alle.

Es waren also Verhaltensänderungen vieler Personen, die schließlich zu sichtbaren Verbesserungen geführt haben – indem der Müll von jedem selbst mit ins Tal genommen wurde und wird. Indem das Risiko, dass man sein Wechselgewand schmutzig macht, zum Wohle des großen Ganzen, auf sich genommen wird. Die sozialen Normen haben sich entsprechend verändert.

Das selbe gilt abgewandelt heute für die Anreise mit öffentlichen Verkehrsmitteln in die Berge. Diese Berge sollen dadurch geschützt bleiben – ich will die schöne Natur weiterhin genießen können. Das allein ist natürlich nicht ausreichend um den Klimawandel aufzuhalten, oder gar die durchschnittlichen Temperaturen wieder zu senken. Es wird viel länger dauern, um das wieder zu reparieren. Das System ist aber das Gleiche: Mein Beitrag zählt. Ob ich das sichtbare Wurstbrotpapier nicht einfach wegwerfe, sondern wieder in den Rucksack stecke und mitnehme, oder ob ich unsichtbare CO2 Emissionen nicht ausstoße.

Ist deshalb Mariensee schneller zu erreichen? Nein. Ich persönlich weiß durch 24 Stunden EKGs, dass man während des Autofahrens gestresst ist. Das ist Wissen und nicht Glauben. In den 1,5 Stunden im Zug bin ich im Normalfall nicht gestresst und sehe die Anreise als Entspannung und als Zeit für mich.

Ist deshalb der Bus zurück besser zu erreichen? Auch nicht. Ich würde gerne den Verein „Bahn zum Berg“ als eine Art Interessensvertretung für Öffi-Wanderer ausbauen, um Verbesserungen an Fahrplänen erwirken zu können. Dazu suchen wir Leute, die daran mitarbeiten und Zeit investieren wollen.

Muss ich unbedingt wieder zurück zum Ausgangsort? Als Autofahrer schon. Aber muss ich als Öffi-Benutzer unbedingt den Bus um 16:03 vom Almbauer erreichen? Ich will mich nicht hetzen. Warum kann ich nicht einfach nach Mönichkirchen hinunter gehen (siehe Beitrag von Veronika Schöll „Über den Hochwechsel nach Mönichkirchen„) und gemütlich mit dem Bus zurück fahren?

Habe ich also eine Antwort auf die Mail? Ja. Den Müll ins Tal zu bringen finde ich gut. Ein bisschen anders zu denken und damit etwas anders zu machen auch. Zum Beispiel weniger CO2 auszustoßen, wenn ich auf den Berg gehe. Damit wir langfristig weiterhin so schöne Fotos, wie das unten, machen können.

Bachquerung in den Hohen Tauern.
Bachquerung in den Hohen Tauern.

Wer sich bei „Bahn zum Berg“ einbringen möchte, schreibt uns bitte an eine Mail mit dem Betreff: „Mitmachen“. Wir freuen uns. 🙂

Wenn du deine Sichtweise zur initialen Mail oder zu meinen Gedanken teilen möchtest, dann kannst du das in der Kommentarsektion hier gleich unten.

Martin Heppner
Martin Heppner

Martin stammt aus Kärnten und wohnt seit 1990 in Wien. Seit er 2015 sein Auto verkauft hat, ist er überwiegend mit öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs. Auf Bahn zum Berg schreibt er darüber wie er mit Öffis zum Berg kommt.