Teurer Berg-Motorsport

Veronika ist vor ein paar Tagen über zwei Artikel im Internet gestolpert und hat diese in der Vereins-WhatsApp Gruppe gepostet: „Soviel kostet ihr Auto im Monat“ (August 2022) und „Öffis preisstabil und Autokosten kräftig gestiegen – Studie“ (September 2023). Das hat mich daran erinnert, dass ich mein Auto im Jahr 2015 verkauft habe und seither fast nur mehr mit öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs bin, weil ich damals ausgerechnet habe, dass das viel günstiger für mich ist.

  • Der erste Artikel klärt nämlich darüber auf, dass ein Auto in Österreich durchschnittlich EUR 940,- und in Deutschland EUR 838,- pro Monat kostet. Der zweite Artikel sagt uns, dass die Kostenschere über die Zeit noch größer wird.
  • Das österreichweite Klimaticket kostet EUR 91,25 pro Monat, das Deutschlandticket EUR 49,-. Das bedeutet, dass Autofahren in Österreich 10 Mal so teuer ist und in Deutschland 17 Mal so teuer ist als mit Bahn und Bus zu fahren.

Meine persönliche Erfolgsgeschichte

Für mich war der Umstieg vom Auto auf ÖPNV eine Erfolgsgeschichte: Ich habe mir monatlich – laut meiner eigenen Rechnung – etwa EUR 300,- gespart. Hätte ich diese wirklich zur Seite gelegt, hätte ich mir in den letzten 9 Jahren EUR 32.400,- angespart.

Seither wollte ich diese Erfolgsgeschichte mit anderen teilen, um ihnen auch die Möglichkeit zu geben Geld zu sparen und sich plötzlich andere Dinge leisten zu können. Das war bisher wenig erfolgreich, weil der Großteil der Autofahrer ihre eigenen laufenden Kosten viel niedriger einschätzt und damit schon meinem Basisargument nicht folgen konnten.

Auch wenn der versprochene Benefit im Trend Artikel sogar EUR 700,- jedes Monat ausmacht (statt nur EUR 300,- wie bei mir) und damit der Anreiz sogar noch höher ist, hilft das nicht, wenn man sich nicht vorstellen kann, wie das tägliche Leben ohne Auto aussehen kann.

Eines ist klar: Wir vom Verein „Bahn zum Berg“ konzentrieren uns auf den Freizeitverkehr. Wir zeigen für den gesamten Alpenraum auf, welche Bergtouren mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen sind. Was wir weder leisten wollen noch können, ist auch noch (Teile) des Berufsverkehrs zu betrachten.

Wie kann mein Leben ohne Auto aussehen?

Wenn jemand Interesse daran hat, ob es für ihn/sie möglich ist, durch Umstieg vom Individualverkehr auf öffentliche Verkehrsmittel jedes Monat Geld zu sparen, dann muss er/sie sich die Frage stellen: Wie wird mein Leben Montag bis Freitag aussehen, wenn ich mit Bahn, Bus, U-Bahn, Straßenbahn, Fahrrad in die Arbeit fahre?

  • Wo sind die nächsten Haltestellen rund um meinen Wohnort?
  • Wo sind die nächsten Haltestellen rund um meinen Arbeitsplatz?
  • Wie lange ist die Fahrzeit zwischen Wohnort und Arbeitsplatz?
  • Wann muss ich daheim aus dem Haus gehen, damit ich zur gewünschten Zeit im Büro bin?
  • Welche Rückfahroptionen habe ich nach der Arbeit?
  • Die Webseite https://anachb.vor.at/ hilft österreichweit bei dieser Fragestellung.

Liegen Wohnort und Arbeitsplatz innerhalb von größeren Städten, ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass die öffentlichen Verkehrsmittel eine realistische Alternative darstellen. Das gilt z.B. auch, wenn der Wohnort Linz ist und der Arbeitsort Wien.

Da sich öffentliche Verkehrsmittel nach dem Bedarf richten, sind jene Strecken optimiert, die von vielen Menschen verwendet werden. Wohnt man also westlich von Wien, wird man einen Arbeitsplatz innerhalb von Wien gut erreichen können – einen Arbeitsplatz in Linz oder sogar am Stadtrand von Linz, eher nicht. Wobei „eher nicht“ in diesem Zusammenhang bedeutet: Es geht schon, dauert aber so viel länger als die Autofahrt, dass es nur wenige Menschen geben wird, die sich das antun werden.

Der Vergleich der Fahrtzeit mit ÖPNV und Auto ist natürlich durchzuführen. In den meisten Fällen wird die Dauer mit Bahn und Bus länger dauern – wenn es eindeutig kürzer wäre, wäre der Umstieg ja schon längst erfolgt.

Was mache ich mit der frei gewordenen Zeit?

Es stellt sich also die Frage: Warum soll ich mehr Zeit in die tägliche An- und Abreise zur Arbeit investieren? Das geht ja auf Kosten meiner Freizeit. Es ist die richtige Frage.

In diesem Zusammenhang kann man auch gleich die Frage stellen: Was mache ich mit der gewonnenen Zeit? Wenn ich im Zug, im Bus, in der U-Bahn sitze, kann ich ja meine Aufmerksamkeit plötzlich auf andere Dinge richten, als auf den Straßenverkehr. Ich kann entscheiden, ob ich diese Zeit für mich selbst verwenden will (und damit plötzlich etwas tun kann, für das ich vorher keine Zeit hatte), oder ob ich bereits arbeiten will (um z.B. E-Mails abzuarbeiten) und damit entweder pro Tag produktiver bin, oder früher nach Hause gehen möchte.

Grafische Darstellung der unterschiedlichen Dauer mit dem Auto und mit Öffis.

Kann ich genau das selbe tun, wenn ich mit öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs bin, wie mit meinem Auto? Nein. Wenn das möglich wäre und du dir ein paar hundert Euro pro Monat sparen könntest, dann hättest du es ja schon längst getan. Es ist anders. Manche Dinge sind nicht mehr so einfach, andere Dinge waren vorher nicht so einfach. Dass die Nutzung von ÖPNV weniger CO2e ausstößt, ist hinlänglich bekannt. Dass es günstiger ist, kannst du selbst erleben. Ob dir die Einsparungen es Wert sind die notwendigen Änderungen in deinem Leben durchzuführen, musst du selbst entscheiden.

Für mich, wie schon Eingangs gesagt, war es eine Erfolgsgeschichte.

Martin Heppner
Martin Heppner

Martin stammt aus Kärnten und wohnt seit 1990 in Wien. Seit er 2015 sein Auto verkauft hat, ist er überwiegend mit öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs. Auf Bahn zum Berg schreibt er darüber wie er mit Öffis zum Berg kommt.