In der Mini-Cabin im neuen Nightjet von Wien nach Tirol

Meine Erfahrungen, Probleme und Nachtzug-Tourenvorschläge

Die Mini-Cabins der neuen Nightjet-Generation der ÖBB heben die Standards für individuelles Reisen und Privatsphäre in einem Nachtzug an. Aber wie schläft es sich eigentlich in so einer Kabine und kann man eigentlich auch sitzen?

Erster Blick in die Kabine; Abfahrt am Wiener Hauptbahnhof. Fotos: Simon Widy

Meine Reise startet kurz vor 23:00 Uhr am Wiener Hauptbahnhof. Man merkt, dass die neuen Nightjet-Garnituren mit den Mini-Cabins noch nicht lange unterwegs sind, eine allgemeine Aufregung ist zu spüren.

Ausstattung

Die an ein Garagentor erinnernde Schiebetür der reservierten Kabine ist bereits offen und es sind ein Polster, eine Decke und ein hüttenschlafsack-ähnliches Leintuch vorbereitet. Zusätzlich bekommt man eine kleine Wasserflasche und einen kleinen Müllbehälter aus Papier. Neben der Tür findet man eine NFC-Karte, mit welcher man am außen an der Kabine angebrachten Lesegerät das Gepäck- und Schuhfach öffnen kann. Das Gepäckfach ist nicht wirklich groß, aber für einen mittleren Koffer vermutlich ausreichend.

Die Mini-Cabin von außen, links das Gepäckfach und rechts das NFC-Lesegerät und die Kabinennummer. Foto: Simon Widy
Die Mini-Cabin von außen, links das Gepäckfach und rechts das NFC-Lesegerät und die Kabinennummer. Foto: Simon Widy

Innenraum

Die Mini-Cabin selbst ist überraschend geräumig, ich kann mit einer Körpergröße von etwa 1,80 Meter aufrecht sitzen und das fühlt sich auch relativ komfortabel an, obwohl man die Beine nicht abwinkeln kann. Bei sehr langen Fahrten kann die erforderliche Sitzposition sicherlich unangenehm werden, ein oder zwei Stunden hält man aber ohne Probleme aus. Der Spiegel am Rand der Kabine lässt sich zu einem Tisch umfunktionieren, der beliebig nach vorne/hinten verschoben werden kann. Zum Laden elektronischer Gerätes gibt es eine Steckdose, einen USB-A Stecker und ein induktives Ladepad auf der Ablage neben dem Fenster. Über ein Steuerungsfeld kann man Lichtintensität und Farbe einstellen, außerdem sieht man, ob Klo bzw. Waschraum besetzt ist, ein kleines, aber nützliches Feature, finde ich. Einzig die Temperatur kann man nicht ändern, aber dazu weiter unten mehr.

Sitzposition mit heruntergeklapptem Tisch; farbverstellbares Kabinenlicht. Fotos: Simon Widy

Frühstück

Kurz, nachdem der Zug sich in Bewegung setzt, klopft es bereits an der Tür: Ticketkontrolle und Frühstücksbestellung. Man bekommt zwei Semmeln, Butter und Marmelade, als Getränk stehen Kaffee oder Tee zur Auswahl. Da ich allerdings nur bis Innsbruck fahre und dort planmäßig um kurz nach 5 Uhr ankomme, entscheide ich mich für etwas mehr Schlaf und bestelle gar kein Frühstück, auch das geht.

Schlafkomfort

Nach der Kontrolle mache ich mich schlaffertig, schlüpfe in das Leintuch und schlafe alsbald ein. Das Bett ist nicht extrem breit, aber es reicht mir, um gut zu schlafen. Ich bin glücklicherweise nicht kälte- und luftzugempfindlich, denn die Lüftung/Klimaanlage ist zentral gesteuert und lässt sich nicht umstellen oder abschalten. Die zwei großen Lüftungsschlitze lassen sich verschließen, es gibt aber noch einige weitere, die einen Luftstrom verursachen und nicht abdeckbar sind. Reagiert man sensitiv auf Kälte und Luftzug, dann empfiehlt es sich, einen Schal, einen Pulli und vielleicht sogar eine Haube mitzunehmen, um nicht in der Früh krank aufzuwachen.

Angekommen in Innsbruck. Foto: Simon Widy
Angekommen in Innsbruck. Foto: Simon Widy

Fazit

Wenige Stunden später erreiche ich bereits früher als geplant Innsbruck und blicke auf eine relativ kurze, aber dennoch erholsame Fahrt in der Mini-Cabin des neuen Nightjets zurück. Gerade für Alleinreisende bieten sie eine attraktive und angenehme Möglichkeit, um über Nacht von A nach B zu gelangen. Die gegebene Privatsphäre ist im Vergleich zur internationalen Nachtzugkonkurrenz einzigartig, das Konzept der Mini-Cabins ist definitiv gelungen und es wird nicht meine letzte Reise in diesen gewesen sein. Einziges Manko ist die nicht einstell- oder abschaltbare Lüftung, mich persönlich hat es allerdings nicht wirklich gestört. Bezahlt habe ich für die Strecke Wien-Innsbruck zusätzlich zum KlimaTicket 20€, was meiner Ansicht nach für das Gebotene sehr fair ist.

Mini-Cabins zum Berg

Der Nightjet ermöglicht in Kombination mit den guten Busanbindungen in Tirol unzählige Touren, einige Verbindungen möchte ich hier hervorheben:

Ötztal

Planmäßig erreicht man Ötztal-Bahnhof um 5:48 Uhr. Hier kann man in den um 6:23 Uhr abfahrenden Bus in Richtung Obergurgl umsteigen. In Sölden bietet sich die Möglichkeit, weiter ins Bergsteigerdorf Vent zu fahren, welches man dann um 8 Uhr erreicht.

Pitztal

Am Bahnhof Imst-Pitztal kommt man um Punkt 6 Uhr an. Um 6:20 Uhr fährt hier der Bus nach Mittelberg im Pitztal ab und eröffnet diverse Tourenmöglichkeiten im Pitztal.

Oberinntal/Kaunertal

In Landeck/Zams kann man in den Bus durchs Oberinntal und über den Reschenpass nach Mals in Südtirol oder mit etwas mehr Wartezeit in den Bus nach Serfaus umsteigen, mit einem Buswechsel bei der Haltestelle Prutz Schwimmbad erreicht man auch das Kaunertal.

St. Anton am Arlberg

Die Arlbergregion (Ankunft des Nightjets in St. Anton um 6:46 Uhr) ist primär für den Skitourismus bekannt, aber auch hier kann man sehr schöne Berg- und Skitouren machen.

Simon Widy
Simon Widy

Simon Widy ist begeisterter Wanderer und wohnt derzeit in der Nähe Wiens. Für die Anreise zum Berg wählt er oft öffentliche Verkehrsmittel, da er gerne Touren geht, deren Ziel vom Ausgangspunkt abweichen.