Best Practice: Das Loigom-Soifen Shuttle

Was verbirgt sich hinter diesem geheimnisvollen Namen?

Der Alpenverein Saalfelden hat 2023 im Mobilitätsausschuss der Gemeinde Saalfelden  interveniert und die Verbesserung der öffentlichen Erreichbarkeit von Wanderzielen gefordert. Nun ist es so weit.

Ab 02.Juni 2024 fährt das Loigom-Soifen Shuttle in Leogang und Saalfelden täglich von 06:30 bis 19:30 um einen Euro pro Richtung, mit dem Klimaticket gratis. Gleichzeitig wurden Parkgebühren für Wanderparkplätze eingeführt. Im folgenden Interview fragen wir Markus Grosinger, der an diesem Projekt federführend für den Alpenverein Saalfelden beteiligt ist, wie es dazu kam und welche Verbesserungen erreicht wurden.

Markus, du bist einer der Initiatoren dieses Projekts und maßgeblich an der Umsetzung beteiligt.  Stell dich bitte kurz vor. Was verbindet dich mit Bahn zum Berg?

Ich bin derzeit der Naturschutzreferent der Sektion Saalfelden. Wir sind als Sektion seit eineinhalb Jahren Mitglied bei Bahn zum Berg, da wir zeigen möchten, welche Bergziele bereits mit dem öffentlichen Verkehr erreichbar sind. Dabei haben wir recht bald erkannt, wo Mängel bestehen und uns mit der Stadtgemeinde in Verbindung gesetzt. Die Verantwortlichen haben dieses Problem dann angenommen und eine außergewöhnlich gute Lösung gefunden.

Wie kam es zur Idee, besonderes Augenmerk auf Verbesserungen im  öffentlichen (Freizeit) Verkehr in Saalfelden zu legen? Was war das Motiv?

Auch wir sind nicht blind und verschließen die Augen nicht vor der Realität. Wie dem Großteil der Menschen und der Bergsteiger:innen ist auch uns im Vorstand und Ausschuss bewusst, dass wir nicht blauäugig weitermachen können wie bisher. Wir diskutieren seit Jahren über notwendige Veränderungen und Nachhaltigkeit im Bergsport. Allerdings ist es leider oft nicht einfach Hebel zu finden, die dann auch zu Veränderungen führen.
Wir haben in Saalfelden derzeit einen Stadtbus, der von Montag bis Samstag Mittag fährt. Das heißt, beliebte Wanderungen sind ab Samstag Mittag nicht mehr mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar. Das ist heutzutage irgendwie schwer nachvollziehbar, bedenkt man die ganzen überörtlichen Richtlinien, Vorgaben und Konzepte zu nachhaltiger Mobilität.

Für wen habt ihr euch da so ins Zeug gelegt? Tagestouristen? Einheimische? Urlauber:innen?

Für alle, die nicht mit dem Auto fahren wollen oder können. Ein mit Autos vollgeparkter Wanderparkplatz ist doch nicht die Schuld der Wandernden, wenn keine Alternative vorhanden ist. Es ist schlichtweg Politikversagen. Es kann nicht die Aufgabe jeder einzelnen Person sein, trotz aller Schwierigkeiten und Unmöglichkeiten selbst eine nachhaltige Lösung für jedes Problem zu finden. Schließlich ist es die Aufgabe der Politik, ein nachhaltiges Leben für alle Menschen zu ermöglichen.
Dass zumindest zentral gelegene Wanderziele mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar sind, sollte selbstverständlich sein. Dabei geht es ja nicht nur um die Mobilität der einheimischen Bevölkerung. Künftig werden sich neue junge Generationen von Urlauber:innen auf den Weg machen. Solche, die ihr gesamtes Leben mit den Folgen von Klimawandel-gemachten Problemen zu kämpfen haben werden. Diese Generationen legen viel mehr Wert auf Nachhaltigkeit, als alle davor.
Und wie heißt es so schön? „Entweder du gehst mit der Zeit oder du gehst mit der Zeit“. Das gilt auch für Tourismusregionen. Das sollten sich Tourismusverbände und Politiker:innen sehr zu Herzen nehmen. Es geht uns als AV-Sektion ja nicht um persönliche Befindlichkeiten, es geht schlichtweg um die Zukunft der nächsten Generationen. Nicht nur um ungutes Wetter oder unnötig viele Hitzetage, sondern um Arbeitsplätze, Landwirtschaften und Arbeitsstätten gleichermaßen.

Beschreib bitte, was sich seither verbessert hat, welchen neuen (Touren-) Möglichkeiten eröffnet das Shuttle?

Die Wanderung auf die Peter Wiechenthalter Hütte ist eine der beliebtesten Wanderungen in der Region und ist nun täglich von 06:30 bis 19:30 Uhr mit dem öffentlichen Verkehr erreichbar (um 1€ pro Fahrt oder gratis mit dem Klimaticket).
Von der Hütte gelangt man dann weiter auf das geschützte Hochplateau des Steinernen Meeres mit unzähligen Gipfeln und Wandermöglichkeiten, etwa zum Ingolstädter Haus, Riemannhaus und Kärlingerhaus im Nationalpark Berchtesgaden. Auf dem Hochplateau kann man mehrere Tage verbringen und haufenweise Gipfel besteigen. Egal in welche Richtung man danach absteigt, man findet zumeist eine öffentliche Transportmöglichkeit. Aus diesem Grund haben wir dieses Jahr die Traverse übers Steinerne Meer von Saalfelden nach Berchtesgaden beschrieben. Eine Mehrtageswanderung durch das zweitgrößte Schutzgebiet Salzburgs und den Nationalpark in Bayern, mit öffentlicher Anreise für Bergsportler.innen mit Erfahrung, die selbst gerne Touren planen und sich dementsprechend vorbereiten.

Zwischen 2040 und 2050 sollen Europas Klimaschutzziele erreicht werden. Auch der Bergsport wird dann klimaneutral sein. Wie sieht deine Vision davon aus ?

Visionen überlasse ich anderen. Es kann in zwei Jahren neuerlich etwas Unvorhergesehenes passieren und alles ändert sich wieder. Änderung entsteht durch das tägliche Bearbeiten der Brocken die am Weg herumliegen und wahrscheinlich liegen da noch welche, wenn ich nicht mehr hier bin.
Aber ich hätte vielleicht einen Wunsch. Anstatt der derzeit vorherrschenden Missgunst, statt Neid, Gier und ewiger Schuldzuweisungen, statt sich selbst immer auf ein Podest zu stellen und auf andere hinabzuschauen, denen vielleicht aus diversen Gründen nicht das gelingt, was einem selbst gerade sehr gut gelingt, sollten wir vielleicht alle wieder zusammenarbeiten und jene mit ihrer Verantwortung konfrontieren, die tatsächlich die Verantwortung haben um unsere Welt besser zu machen. Und das ist nicht das alleinerziehende Elternteil, das auf ein Auto angewiesen ist oder die Wanderin, die mit dem Auto zu einer Wanderung fährt, welche nicht durch den öffentlichen Verkehr erschlossen ist. Das sind schlussendlich unsere Politiker:innen.

Lieber Markus, vielen Dank für die teilweise sehr persönlichen Antworten auf unsere Fragen. Bahn zum Berg gratuliert allen Beteiligten fürs Dranbleiben und Umsetzen! Ein Tourentipp zum Schluss?

Ein fantastische, anspruchsvolle Möglichkeit, die Gipfel und Hütten unserer Region kennenzulernen, ist wie schon erwähnt, die Traverse durchs Steinerne Meer. Auch das ist ein erfolgreiches Gemeinschaftsprojekt, an dem die KEM Nachhaltiges Saalachtal und der Alpenverein Saalfelden gearbeitet haben.

Traverse Steinernes Meer, zum Vergrößern bitte anklicken

Bahn zum Berg und Alpenverein Saalfelden

Der Alpenverein Saalfelden ist auch BzB Tourenreporter:in. Markus: „Auf Bahn zum Berg möchten wird zeigen, dass es bei uns bereits jetzt möglich ist, ohne Auto in die Berge zu kommen.“

Hier findet ihr die bis jetzt veröffentlichten Tourenbeiträge der AV Sektion Saalfelden:

Titelbild Bildnachweis Salzburg Verkehr.

Veronika Schöll
Veronika Schöll

Naturgenuss und Outdoor Sport verbunden mit klimafreundlicher Mobilität gehören zu Veronikas essentiellen Energietankstellen. Sie ist komplett autoentwöhnt, die umweltschonende Öffi Anreise zu ihren Touren ist für sie normal. Und sie erzählt gerne über ihre Erlebnisse.